Ist unser Trinkwasser in Gefahr?

Eigentlich sollte man ja glauben, dass die Politiker der FDP/CDU-Regierung des Landes Nordrhein-Westfalen aus den Klimaveränderungen der letzten Jahre gelernt hätten. Das ist keineswegs der Fall: denn jetzt forciert die FDP/CDU-Landesregierung den Steinabbau in Trinkwasserschutzgebieten mit möglicherweise drastischen Folgen für unser Trinkwasser. Bürokratisch verpackt wurde das Ganze in einer sog. landesweiten Wasserschutzgebietsverordnung oberirdischer Bodenschatzgewinnung.

Das ausgerechnet bei unserem wichtigsten Lebensmittel, dem Trinkwasser, die Landesregierung und Führung der FDP/CDU vor der Lobby der Kies- und Sandindustrie einknickt, ist schon schlimm genug. Das sie aber damit auch potentiell die Trinkwassergewinnung – vor allem in Südwestfalen – gefährden, dürfte die Wasserversorgungsunternehmen des Landes unruhig schlafen lassen.

Denn die Landesregierung aus FDP und CDU hat der Lobby der Steinabbauindustrie erweiterte Abbaumöglichkeiten in Wasserschutzgebieten per Gesetz erlaubt. Damit wächst die Gefahr, dass der Steinabbau die Trinkwasserversorgung beeinträchtigt oder sogar komplett ausfällt.
Das der Schutz des Trinkwassers als Naturprodukt vor schädlichen Umwelteinwirkungen eine besondere Rolle spielt, weiß jeder. Trinkwasser wird in Deutschland aus verschiedenen Wasservorkommen gewonnen: aus Oberflächenwasser, aus Quellwasser, aber vor allem aus Grundwasser. In Südwestfalen kommt das Trinkwasser hauptsächlich aus Quellen und den Talsperren.
Mit der Änderung des Landeswassergesetzes Mitte 2021 hatte die Landesregierung bereits massive Verschlechterungen zu Lasten der Umwelt und damit der Menschen eingeführt. Jetzt kommt es noch schlimmer. Am 01.10.2021 hat die Regierungskoalition – auf Druck der FDP – eine neue landesweite Wasserschutzgebietsverordnung für das gesamte Land NRW erlassen.
Diese neue Rechtsverordnung geht deutlich zu Lasten des Gewässerschutzes im Allgemeinen und des Trinkwasserschutzes im Besonderen.
Natürlich hatte es vor etlichen Monaten einen Entwurf der neuen Verordnung gegeben, der Düsteres erahnen ließ. Man kann nur vermuten, dass in den letzten Wochen noch einmal die Steinabbauindustrie massiv Einfluss auf die FDP/CDU-Regierung in NRW genommen hat. Die nunmehr neu veröffentlichte Wasserschutzgebietsverordnung schützt nicht die Trinkwassergewinnung vor dem Steinabbau, sondern eröffnet eine Vielzahl von Möglichkeiten für den erweiterten Stein-, Kies- und Sandabbau in Wasserschutzgebieten in NRW.
Eigentlich sollten ja die Trinkwasser-Reservoirs für die Menschen des Landes geschützt werden. Und das vor allem dort, wo in Tagesbrüchen mit Sprengstoff die Steine abgebaut werden. Jetzt werden aber durch die neue Rechtsverordnung die Möglichkeiten des Gesteinsabbaus in Trinkwassergebieten oberhalb und – ganz problematisch – unterhalb des Grundwasserstandes drastisch ausgeweitet.

Erstens wurde der sogenannte Nassabbau – also der Abbau von Gestein unterhalb des zu erwartenden Grundwassers – in Schutzgebiete der Zone III B zugelassen. Damit ist der massiven Verschmutzung des Trinkwassers bei Fließgeschwindigkeiten von bis zu 34 Metern pro Stunde – z.B. im Warsteiner Massenkalk – Tür und Tor geöffnet.
Zweitens kann in der noch näher zu den Trinkwasserquellen liegenden Schutzzone III A ab jetzt auch wieder gesprengt und das Gestein abgebaut werden. Das heißt auch, dass die Gefahr, das eine Quelle durch eine Sprengung versiegt, deutlich vergrößert worden ist. Das hat es schon mal in Warstein bei der Hillenbergquelle I, in der zweiten Hälfte 1970er Jahren gegeben.
Außerdem wurde in der Verordnung festgesetzt, das keinerlei Verbote mehr zum Abbau von sog. Bodenschätzen gelten, wenn sie vor dem 16. Juli 2016 entweder auf der Ebene des Regionalplanes oder nach den Bestimmungen des Raumordnungsrechts festgelegt worden sind. Das dürften im Kreis Soest sicherlich schätzungsweise mehr als 80% der Flächen sein.

Fazit: Der Trinkwasserschutz in NRW hat verloren! Die FDP-CDU Landesregierung knickt vor der Steinindustrie ein und gefährdet damit die wichtigste und essentielle Ressource der Menschen.

 

Erklärung zu Wasserschutzgebietszonen für den geneigten Leser:
Wasserschutzgebiete können in Zonen mit unterschiedlichen Schutzbestimmungen unterteilt werden:

– Schutzzone I: Fassungsbereich

– Schutzzone II: Engere Schutzzone

– Schutzzone III: Weitere Schutzzone (III A und III B)

Als Fassungsbereich wird die unmittelbare Umgebung des Brunnens oder der Quelle ausgewiesen. Innerhalb dieser Zone I soll jede direkte Verunreinigung unterbleiben, sie wird deshalb in der Regel eingezäunt. In der engeren Schutzzone sind im Allgemeinen die Gefährdungen nicht tragbar, die von bestimmten menschlichen Tätigkeiten und Einrichtungen ausgehen und/oder die mit einer Verletzung der das Grundwasser schützenden Bodenschichten (Deckschichten) verbunden sind. Insbesondere soll der hygienische Schutz vor bakteriellen Verunreinigungen sichergestellt werden. Die weitere Schutzzone soll immer noch einen Schutz des Grundwassers gegen chemische Verunreinigungen gewährleisten. Diese Zone erstreckt sich in der Regel bis zur Einzugsgebietsgrenze der Grundwasserentnahme. Bei großen Einzugsgebieten, oder wenn schützende Deckschichten vorhanden sind, wird eine Aufteilung in eine Zone III A und III B vorgenommen.

Quelle: Rechtsverordnung für Schutzbestimmungen im Bereich Bodenschatzgewinnung für die Wasserschutzgebiete im Land Nordrhein-Westfalen (Landesweite Wasserschutzgebietsverordnung oberirdische Bodenschatzgewinnung – LwWSGVO-OB) vom 21. September 2021; ; in Kraft getreten am 1. Oktober 2021;

Hier der Link: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=7&ugl_nr=77&bes_id=46788&aufgehoben=N&menu=1&sg=